Altwürttemberger Pferde – Beinahe ausgestorben und nach wie vor in ihrem Bestand bedroht. Die früher als württembergisches Warmblut bekannten Altwürttemberger Pferde sind eine nur wenig verbreitete Pferderasse, welche hauptsächlich im Haupt- und Landgestüt Marbach gezüchtet wird. Alles über die Altwürttemberger Pferde erfährst Du in diesem Artikel.
Inhalte
Wichtige Daten im Überblick zum Altwürttemberger
- Ursprung: Deutschland, Baden Württemberg
- Hauptzuchtgebiet: Deutschland, Landgestüt Marbach
- Verbreitung: Deutschland, vor allem in Baden Württemberg
- Typ: Warmblut
- Stockmaß: 155-170 cm
- Gewicht: 550 – 650 kg
- Erscheinungsbild: Ausgeglichen und kraftvoll
- Farben: Füchse, Rappen, Braune, Schimmel
- Haupteinsatzgebiet: Vielseitigkeit, Fahrpferd, Freizeitpferd
Zuchtgeschichte des Altwürttemberger Pferdes
Ursprung
Die Zuchtgeschichte der Altwürttemberger Pferde ist unweigerlich mit dem heutigen Haupt- und Landesgestüt Marbach in Baden-Württemberg verbunden, das bereits seit dem 16. Jahrhundert als Hofgestüt der Landesherren fungierte und die Zucht verschiedener Pferderassen maßgeblich beeinflusste. Im Zuge der Organisation von Landespferdezuchten zur landwirtschaftlichen Nutzung wurde hier ab 1867 ein württembergisches Warmblut als vielseitig einsetzbares Wirtschaftspferd gezüchtet.
Anspruchslos und ruhig – das Zuchtziel bestand in einem bodenständigen Arbeitspferd mit Kraft und hoher Ausdauer und wurde durch die Kreuzung mehrerer Rassen angestrebt. Die Grundlage bildeten zum einen Landstuten mit einem hohen Anteil an Araber-Blut und Stuten aus Ostpreußen. Auf der väterlichen Seite kamen aus der Normandie stammende Hengste und Araber des königlichen Gestüts Weil sowie in geringerem Maße auch Hannoveraner und Ostpreußen zum Einsatz.
Der Durchbruch gelang 1888 mit der Aufstellung des legendären Anglo-Normannen Faust, der sich zum Stammvater der Altwürttemberger Pferde entwickelte und die Zucht bis in die 1960er Jahre hinein über seine Nachkommen prägte. Sein Typ wurde durch Inzucht derart im Bestand verankert, dass sich in nur wenigen Jahrzehnten die eigenständige Rasse des Württemberger Warmbluts herausbildete. Sowohl für die Landwirtschaft als auch Kutschfahrten und Reitübungen geeignet galt für die Alt-Württemberger Pferde lange Zeit der treffende Leitspruch „Herr und Bauer“ – am Sonntag als Kutschpferd und in der Woche als Zugpferd vor dem Pflug.
Bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg hinein war das Warmblut weit verbreitet und wurde insbesondere in Hohenzollern und im Württembergischen Oberland, aber auch in den Regionen rund um Göppingen und Esslingen, Leonberg, Herrenberg und Ludwigsburg gezüchtet. Durch den sinkenden Bedarf an Pferden für die Landwirtschaft und die verstärkte Nachfrage nach einem für den Reitsport geeigneten Pferd erfolgte jedoch eine Umorientierung der Zucht in Richtung des klassischen Reitpferdes, sodass 1969 der letzte Hengst auf Deckstation ging und die Rasse beinahe ausstarb.
Hier findest du eine Übersicht aller Deutschen-Pferderassen.
Heute ist es dem Verein zur Erhaltung des Altwürttemberger Pferdes zu verdanken, dass nach wie vor eine Population besteht, denn 1988 gegründet reaktivierte er die Zucht unter denkbar schlechten Vorzeichen. Während noch eine Reihe von fruchtbaren und gesunden Stuten zur Verfügung stand, konnte auf keinen einzigen reingezogenen Hengst zurückgegriffen werden. Daher kamen neben den beiden noch vorhandenen Hengsten mit Altwürttemberger Vorfahren Abendruf und Jurist auch Deckhengste des Schweren Warmbluts zum Einsatz, um die fortan als Alt-Württemberger Pferde bezeichnete Rasse neu aufzubauen. Das im Reitpferde-Typ weiter gezüchtete württembergische Warmblut ist heute hingegen als Deutsches Reitpferd bekannt.
Mit Blick auf die Wiederbelebung des ursprünglich gezüchteten Typs konnte bereits 1992 ein erster Erfolg verzeichnet werden, denn mit dem Braunen Sorent, ein Nachfahre der noch reingezogenen Stute Solara von Sombrero, stand wieder der erste Altwürttemberger Hengst im Deckeinsatz. In den folgenden Jahren wurden allerdings durch verschiedene Züchter individuelle Wege eingeschlagen, um das Zuchtziel voranzutreiben, sodass sich der erforderliche Fortschritt verzögerte.
Seit 2008 sollen die im Rahmen einer Rassegruppenversammlung neu beschlossenen Zuchtversuche den Erhalt der nach wie vor vom Aussterben bedrohten Altwürttemberger Pferde sichern. Hierzu wurde mit Ulysse des Pres, kurz Uli genannt, ein Hengst der Gründerrasse Cob Normand erworben, um erneut an den Stammvater Faust anzuknüpfen.
Die Herkunft des Altwürttemberger
Landgestüt Marbach
Die Geschichte des Altwürttemberger ist untrennbar mit der Geschichte des Haupt- und Landesgestüts in Marbach verbunden. In Marbach begann die Zucht der Tiere und bis heute ist das Landgestüt Marbach immer noch die Hauptzuchtstätte der Altwürttemberger. Das Haupt- und Landesgestüt Marbach hat eine sehr alte Geschichte, dass Gestüt wurde bereits im Jahr 1460 von dem Graf Eberhard V. zunächst als Hofgestüt gegründet und lange Zeit geführt. Sein Sohn Christoph übernahm das Gestüt anschließend und baute es weitläufig aus. Er wollte auf dem Hof die bisher minderwertige Landeszucht neu definieren und eine neue solide Pferderasse schaffen. Dies gestaltete sich jedoch schwieriger als zunächst gedacht. Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Landgestüt immer wieder in die Hand neuer Besitzer übergeben, die die Zucht betreuten und mit mehr oder weniger Erfolg vorantrieben. Dies lag vor allem an fehlender Fachkenntnis bei der Auswahl der Pferde. Letzten Endes gab es jedoch einen Zuchtmeister, der begann, die spätere Altwürttemberger zu züchten. Offiziell wurde die Zucht jedoch erst im Jahr 1895 als das erste Gestütsbuch angelegt wurde für die Rasse.
Aussehen (Exterieur) des Altwürttembergers
Als schweres Warmblut fällt die Pferderasse Alt-Württemberger durch einen kompakten und kräftigen Körperbau auf. Die Proportionen stehen dennoch in einem harmonischen Verhältnis zueinander. Trotz des kompakten Erscheinungsbildes trägt das Pferd elegante Züge, was der Einkreuzung der Züchter von Trakehnern und Araber Pferden zu verdanken ist.
Der zwischen 155 cm und 170 cm große Altwürttemberger hat einen ausdrucksstarken und trockenen Kopf mit wachen, großen Augen. Der kräftige Hals verfügt über eine gute Wölbung. Ebenso kräftig ist der Rücken, während die Schultern eine lange Form haben und schräg angesetzt sind. Insgesamt ist das Fundament stabil mit einer harten Hufe, korrekten Gliedmaßen und einer guten Hinterhand. Ein Hengst dieser Rasse sollte nicht größer als 170 cm sein. Eine Stute nicht kleiner als 160 cm. Ein Alt-Württemberger ist in allen Grundfarben vertreten. Die meisten Pferde dieser Rasse sind Füchse oder Braune.
Beschreibung des Charakters (Interieurs)
Dem Menschen gegenüber sind die Altwürttemberger in der Regel sehr zugewandt und eignen sich daher auch gut für Anfänger. Sie sind gute Reitpferde und können auch vor eine Kutsche gespannt werden, da sie im Verkehr auf den Straßen oder auch auf Waldwegen keinerlei Probleme haben. Aufgrund des gutmütigen Wesens sind die Altwürttemberger auch sehr geeignet als Beistellpferde, wobei den Pferden keinesfalls die nötige Bewegung und Auslastung fehlen darf.
Besondere Merkmale und Einsatzgebiete der Altwürttemberger
Das Altwürttemberger Pferd ist eine sehr besondere Pferderasse, die Tiere haben nicht nur eine besonders lange Zuchttradition, sondern sind auch vom Aussterben bedroht. Wie bei vielen alten Pferderassen ist die ursprüngliche Funktion des Fahrpferdes weitgehend verloren gegangen, die Kutschen und Pferdegespanne nicht mehr das Hauptverkehrsmittel darstellt. Dabei eignet sich das Pferd auch sehr gut als Reitpferd und als Freizeitpferd.
Bekannte Pferde der Rasse
Da das Altwürttemberger Pferd eine eher seltene Pferderasse ist, die vom Aussterben bedroht ist, gibt es bisher nur ein paar wenige Auftritte in Dokumentationen über alte Haustierrassen und Berichte von traditionellen Bauern über die Tiere. Auf die große Leinwand haben es die schönen und gutmütigen Pferde bisher noch nicht geschafft. Wer sich ein Tier dennoch einmal näher ansehen möchte, wird auch auf YouTube fündig.